Emmy Rindtorff

 

 

20 topographische Gesichter, Installationsansicht, 2009, Monotypien/ Collagen.

 

Wie Kohlezeichnungen auf topographischem Kartenmaterial erscheinen diese individuellen Gesichter älterer Menschen – ein Lebensweg hat die Persönlichkeiten gezeichnet, so wie Naturkräfte eine Landschaft zeichnen. Die portraitähnlichen Kohlezeichnungen entpuppen sich jedoch als monotypische Bleistiftzeichnungen und Verwischungen von Linolfarben; die Zeichnungen sind also seitenverkehrt und auch nur entfernt durch Abbildungen von Gesichtern aus Zeitungen und Zeitschriften inspiriert. Das überzeichnete topographische Kartenmaterial wurde aus mehreren Collageteilen zusammengefügt. Auch die Topographien sind lediglich Fragmente, die sich überlagern und neue Einheiten bilden.

Um so erstaunlicher das Resultat. Die Künstlerin wollte nicht portraitieren und dennoch sind ihr sehr individuelle Portraits gelungen, so dass man beinahe sicher ist, einzelne Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus den 1950er Jahren vor sich zu haben.

Die topographische Karte bildet den Hintergrund für das Gesicht; das Gesicht wird aber gleichzeitig von der kartographierten Landschaft durchdrungen und ist Bestandteil des Antlitzes. Diese Gesichter/Landschaften befinden sich in einem komplexen symbiotischen Verhältnis zueinander. Der Betrachter besitzt alle Freiheiten, darin spazieren zu gehen, zu lesen, was in den Gesichtern geschrieben steht oder über die vergangenen, verblassten Gesichter und Persönlichkeiten nachzudenken, die durch diese „Kohlezeichnungen“ plötzlich wieder so präzise lebendig werden.

Wie in ihrer Arbeit aus dem letzten Jahr am gleichen Ort, gelingt hier der Künstlerin eine Symbiose - vom Abbild gelöst, ohne auf Anschauung zu verzichten.